Nerven: Weiterleitung von Nervenimpulsen I

Nerven: Weiterleitung von Nervenimpulsen I
Nerven: Weiterleitung von Nervenimpulsen I
 
Nervenzellen können sowohl elektrische Impulse bilden, um Informationen an weitere Nervenzellen und andere Zellen zu geben, sie sind aber auch in der Lage, Informationen durch die Freisetzung bestimmter Überträgerstoffe weiterzuleiten. Für die Aufnahme von Informationen sind die Dendriten sowie der Zellkörper, für die Bildung von Impulsen ist der Zellkörper und für die Weitergabe von Informationen das Axon verantwortlich.
 
 Ruhepotenzial der Nervenzelle
 
Die äußere Hülle des Zellkörpers der Nervenzelle, die Membran, ist für verschiedene Stoffe unterschiedlich durchlässig. So ist sie für positiv geladene Kaliumionen wesentlich durchlässiger als für ebenfalls positiv geladene Natriumionen. Für andere Ionen, die eine negative Ladung besitzen und sich im Zellinneren befinden (z. B. Chlorid, Phosphat und Eiweiße), ist sie hingegen gar nicht durchlässig. Da sich im Inneren der Zelle mehr Kaliumionen befinden als außerhalb im Extrazellulärraum, kommt es im Ruhezustand der Zelle infolge der Diffusion zu einem Ausstrom von Kaliumionen. Die Natriumionen können nicht im gleichen Maße ein- und ausströmen wie die Kaliumionen - es gibt allerdings in der Zellmembran Natriumkanäle, die sich unter bestimmten Umständen öffnen können, um mehr Natriumionen in die Zelle einzuschleusen. Die negativen Ionen (Anionen) hingegen können die Membran nicht passieren und bleiben in der Zelle. Dadurch kommt es im Inneren der Zelle an der Membran zu einer negativen Ladung, außerhalb der Zelle entsteht eine positive Ladung. Infolgedessen entsteht an der Membran der Zelle (wie bei einer Batterie) eine elektrische Spannung, die bei ca. -70 Millivolt (mV) liegt. Diese elektrische Spannung der Membran im Ruhezustand bezeichnet man als Ruhepotenzial. Während des Ruhepotenzials sind die Natriumkanäle geschlossen.
 
Die Kaliumionen strömen im Ruhezustand der Zelle jedoch nicht unablässig aus dem Zellkörper - nimmt die negative Ladung an der Zellmembran im Inneren der Zelle immer weiter zu, strömen vermehrt wieder Kaliumionen in die Zelle ein, sodass sich der Aus- und Einstrom der Kaliumionen bald die Waage hält.
 
 Generatorpotenzial, Aktionspotenzial und Repolarisation
 
Damit sich am Axon eine Erregung bildet, durch die Informationen weitergeleitet werden, muss sich die elektrische Spannung der Membran im Bereich des Ansatzpunktes des Axons, des Axonhügels, verändern. Allerdings wird die Bildung von elektrischen Impulsen und damit die Informationsweiterleitung erst dann ausgelöst, wenn die elektrische Spannung der Membran einen bestimmten Schwellenwert erreicht - solange dieser noch nicht erreicht ist, sich das Ruhepotenzial aber allmählich abschwächt, ist von einem Generatorpotenzial die Rede. Die Abschwächung des Ruhepotenzials wird als Depolarisation bezeichnet - nur in dieser Phase ist die Bildung und Weiterleitung der Erregung möglich. Eine Erhöhung des Ruhepotenzials bezeichnet man hingegen als Hyperpolarisation.
 
Abgeschwächt, also depolarisiert, wird das Ruhepotenzial durch die Synapsen der Dendriten, an denen Impulse ankommen, welche an den Zellkörper weitergeleitet werden. Im Bereich des Axonhügels befinden sich die oben schon erwähnten Natriumkanäle. Diese öffnen sich urplötzlich, wenn die elektrische Spannung der Zellmembran den Schwellenwert erreicht, schließen sich aber in Bruchteilen von Sekunden wieder. Diese kurze Zeit nutzen die außerhalb der Zelle befindlichen Natriumionen, um in die Zelle einzuströmen (u. a. deshalb, weil im Inneren der Zelle eine geringere Natriumkonzentration herrscht), woraufhin sich die Ladungsverhältnisse in der Zelle und außerhalb umkehren. Das Innere der Zelle besitzt nun eine positive Ladung, der Extrazellulärraum eine negative Ladung - die elektrische Spannung der Membran liegt nun kurzzeitig bei 30 mV. Diese plötzliche Spannungsänderung bezeichnet man als Aktionspotenzial, das sich am Axon entlang fortsetzt, an andere Zellen weitergeleitet werden kann und Informationen überträgt. Das Aktionspotenzial kann sich nur in eine Richtung fortsetzen. Während der Entstehung des Aktionspotenzials und kurz nach dessen Beendigung kann kein neues Aktionspotenzial entstehen (Refraktärperiode). Dies schützt die Nervenzelle vor Dauererregung.
 
Die Wiederherstellung des Ruhepotenzials nennt man Repolarisation: Die Durchlässigkeit der Zellmembran für Natriumionen hält nur sehr kurz an, dann schließen sich die Natriumkanäle. Im Anschluss daran erhöht sich die Durchlässigkeit für Kaliumionen kurzzeitig immens, woraufhin große Mengen von Kaliumionen aus der Zelle in den Extrazellulärraum wandern. Natrium hingegen strömt nur noch in den gewohnten Mengen ein. Durch den Ausstrom von Kalium kommt es rasch wieder zu einer negativen Ladung des Zellinneren, wodurch sich der Ausstrom des Kaliums normalisiert und wieder ein Ruhepotenzial entsteht.

Universal-Lexikon. 2012.

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